Rassismus und (bewusste oder unbewusste) Diskriminierung können sich in ganz unterschiedlichen Formen äußern: von extremistischen Gewalttaten über strukturelle Auswirkungen auf den Alltag, zum Beispiel wenn Menschen mit Migrationshintergrund der Zugang zu Arbeit, Wohnraum, Gesundheitsleistungen oder Bildung erschwert wird.
Auch Tugba Kalayci weiß, wie es sich anfühlt, aufgrund ihres Migrationshintergrunds diskriminiert zu werden. Wäre es nach dem Lehrpersonal ihrer Grundschule gegangen, würde die junge Frau mit kurdisch-türkischen Wurzeln heute wahrscheinlich nicht Soziale Arbeit studieren. »Ich hatte eine Empfehlung für die Hauptschule, in meinem Zeugnis stand, ich hätte Probleme gehabt, mich zu verständigen – dabei ist Deutsch meine Erstsprache.«
Diese Erfahrung ist kein Einzelfall. Eine Studie der Universität Mannheim belegt etwa, dass Klassenarbeiten von Schüler*innen mit türkischen Namen schlechter bewertet werden als die von Mitschüler*innen mit deutsch klingenden Namen. Tugba Kalaycis Mutter wollte die schulische Abwertung nicht akzeptieren. Sie setzte durch, dass ihre Tochter auf die Realschule kam und anschließend Abitur machen konnte. Aktuell ist die 28-Jährige als duale Studentin beim Sozialkontor beschäftigt. Bei ihrem derzeitigen Praxiseinsatz in der Schulischen Ganztagsbetreuung arbeitet sie in einem multikulturellen Team. »Heute sind neben mir unter anderem Erziehende mit polnischen, bosnischen, afghanischen und deutschen Wurzeln im Dienst«, berichtet sie. Die Zusammenarbeit ist geprägt von Respekt und Akzeptanz, das friedvolle Miteinander ein Vorbild für die Schüler*innen. »Wir wollen die Kinder und Jugendlichen auf ein Leben in einer vielfältigen Gesellschaft vorbereiten«, sagt Sarah Bartsch,Leitung Schulische Ganztagsbetreuung im Sozialkontor.
Damit das gelingt, sind gezielte Weiterbildungen, Supervisionen, Coachings und Biografiearbeit geplant. Info-Flyer der Horte gibt es auf Deutsch, Englisch, Französisch, Arabisch und Türkisch. »Auch bei dem Spiel- und Lernmaterial sowie der Gestaltung der Räume berücksichtigen wir kulturelle Vielfalt«, betont Sarah Bartsch. Kürzlich sei in der Teamleitungsbesprechung die treffende Wendung »Hort als internationaler Ort zum Wohlfühlen« gefallen. Zwar ist auch hier der Alltag nicht frei von Vorurteilen. Doch wenn Tugba Kalayci Sätze zu Ohren kommen wie »Eigentlich mag ich gar keine Türken«, sieht sie das vor allem als Chance. »Dann erkläre ich ganz in Ruhe, dass man Menschen nicht aufgrund ihrer Herkunft bewerten kann.«