Alexander Gebhard möchte gern in einer Tagesförderstätte arbeiten – »aber ich bekomme keinen Platz«, sagt er. Der 33-Jährige lebt seit acht Jahren im Senator-Neumann-Haus in Bergstedt, einem Wohnangebot des Sozialkontors für erwachsene Menschen mit komplexen Beeinträchtigungen, zum Beispiel aufgrund eines Schädel-Hirn-Traumas oder neurologischer Erkrankungen wie Schlaganfall oder Multipler Sklerose. Auf der rechten Seite gelähmt, musste er vieles neu lernen: Sprechen, Essen, Greifen.
Dabei geholfen hat ihm das Beschäftigungsangebot des Senator-Neumann-Hauses – das start.werk. Viermal pro Woche übt er dort drei Stunden lang verschiedene Tätigkeiten aus, etwa Holz sägen und schleifen für kunsthandwerkliche Produkte wie Skulpturen oder Windspiele. Alexander Gebhard ist nun bereit für den nächsten Schritt: den Wechsel in eine Tagesförderstätte. Dort könnte er häufiger und mehr Aufgaben übernehmen, die ihn auf eine Tätigkeit in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorbereiten – zum Beispiel Schrauben sortieren, Mahlzeiten vorbereiten oder im Verkauf mithelfen. Seit drei Jahren steht er dafür auf der Warteliste. Und das ist kein Einzelfall.
»In Hamburg gibt es derzeit zu wenig Plätze in Tagesförderstätten, um den Bedarf zu decken«, sagt Nicola Pantelias, Leitung des Geschäftsbereichs Teilhabe mit Pflege Nordost beim Sozialkontor. Aus diesem Grund plant sie, ergänzend zum start.werk, ab Mitte 2026 selbst eine Tagesförderstätte zu eröffnen. »Ziel ist eine tagesstrukturierende Förderung für Menschen mit komplexen Beeinträchtigungen – sowohl aus unseren Einrichtungen als auch von außerhalb.«
Neben therapeutischen, kreativen und pflegerischen Angeboten soll dort eine Beschäftigung an fünf Tagen pro Woche für bis zu sechs Stunden möglich sein. Zusätzlich ist geplant, Beschäftigungsplätze bei kooperierenden Unternehmen in der Region anzubieten. Als eigenständiger Standort des Sozialkontors eröffnet die Tagesförderstätte die Chance, das geschützte Wohnumfeld zu verlassen, neue soziale Kontakte zu knüpfen und Wege der beruflichen Teilhabe zu erschließen.
Daphne Achilles, Leitung des start.werks, sieht darin einen Gewinn für alle Seiten: »Es gibt deutlich mehr Interessierte, als wir aufnehmen können. Gleichzeitig haben viele Beschäftigte von der individuellen Begleitung im start.werk profitiert – und wollen nun ihre Fähigkeiten weiter ausbauen.«
Auch Jan Moderhack, der ebenfalls im Senator-Neumann-Haus wohnt und im start.werk tätig ist, sieht in dem Vorhaben eine willkommene Etappe auf dem Weg zu seinem persönlichen Ziel: »Geld verdienen.« Zwar wird in Tagesförderstätten kein Arbeitsentgelt gezahlt – aber die intensivere Förderung könnte dem 32-Jährigen mit linksseitiger Lähmung helfen, langfristig den Übergang in eine bezahlte Tätigkeit zu schaffen.