„Quartiere, in denen Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen gut zusammenleben“


Katharina Fegebank (Die Grünen) in einer Nahaufnahme in schwarz-weiß. Sie sitzt an einem Tisch, gestikuliert mit ihren Händen und blickt aufmerksam, während sie spricht. Im Hintergrund ist ein unscharfes Bild einer Stadt zu sehen.

Katharina Fegebank

Katharina Fegebank ist Zweite Bürgermeisterin der Freien und Hansestadt Hamburg und Senatorin in der Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung.


Hamburgs Zweite Bürgermeisterin über die Pläne der Grünen, mehr Barrierefreiheit und inklusive Quartiere zu schaffen sowie dem Fachkräftemangel zu begegnen.

Frau Fegebank, im Wahlprogramm der Grünen für die Hansestadt steht, dass Sie barrierefreie und inklusive Quartiere schaffen wollen, in denen die soziale Infrastruktur mitwächst. Wie genau meinen Sie das?

Unser Ziel ist es, Quartiere zu entwickeln, in denen Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen gut zusammenleben können. „Mitte Altona“ zeigt, wie das geht: barrierefreie Wohnungen nach DIN-Standard, inklusive Wohnprojekte und eine bessere soziale Infrastruktur.

In Zukunft wollen wir den Bestand an rollstuhlgerechten Wohnungen weiter ausbauen. Dafür verbessern wir die zentrale Vermittlungsstelle für barrierefreies Wohnen und arbeiten eng mit SAGA, Genossenschaften und Fördern & Wohnen zusammen, um mehr geeigneten Wohnraum in zentralen Stadtlagen zu schaffen.

In ein inklusives Quartier gehören bestenfalls auch gut zugängliche ärztliche Praxen. Wie lässt sich deren Barrierefreiheit verbessern, damit auch Menschen mit Mobilitätseinschränkungen eine freie Ärzt*innenwahl haben?

Eine gute Gesundheitsversorgung muss für alle zugänglich sein. Viele Arztpraxen sind leider noch nicht barrierefrei, und selbst die Filterfunktion der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg ist nicht immer verlässlich. Wir setzen uns dafür ein, dass diese Daten besser gepflegt und überprüft werden.        
Langfristig müssen mehr Arztpraxen umgebaut oder neu geplant werden, um Barrierefreiheit zu gewährleisten – gerade in der gynäkologischen Versorgung. Außerdem unterstützen wir Verhandlungen über eine pauschale Vergütung für Mehraufwände bei der Behandlung mobilitätseingeschränkter Patient*innen.

Viele der Menschen, die in den Angeboten des Sozialkontors wohnen, wollen öffentliche Verkehrsmittel nutzen, zum Beispiel um zu Kulturveranstaltungen zu kommen. Leider begegnen ihnen häufig Barrieren. Wie setzen Sie sich dafür ein, dass sich das ändert?

93 Prozent der Schnellbahnhaltestellen in Hamburg sind bereits barrierefrei – und wir arbeiten mit Hochdruck daran, den Rest nachzuziehen. An manchen Standorten sind bauliche Herausforderungen ein Hindernis, doch wir suchen nach Lösungen. Seit Februar 2025 gibt es eine neue Vollzeitstelle in der Verkehrsbehörde, die sich gezielt um Barrierefreiheit kümmert.

Defekte Fahrstühle sind ein Problem, das wir durch schnellere Wartungen minimieren wollen. Allerdings gibt es auch hier Fachkräftemangel und Ersatzteilengpässe. Bürger*innen können defekte Fahrstühle jederzeit über den Melde-Michel (Anmerkung der Redaktion: Der Melde-Michel ist ein Online-Angebot der Stadt Hamburg, auf dem man auf Schäden an der öffentlichen Infrastruktur im Stadtgebiet hinweisen kann) melden, damit sie priorisiert repariert werden.

Die Grünen wollen Hamburg zur Fahrradstadt ausbauen und auch die Gehwege verbessern. Insbesondere zu enge Wege und falsch abgestellte E-Scooter stellen große Hindernisse für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen dar. Was wollen Sie dagegen tun?

Wir sanieren oder bauen jedes Jahr 80 bis 100 Kilometer Gehweg neu, um Stolperfallen zu beseitigen und mehr Platz für alle zu schaffen. Wo es Konflikte zwischen Fuß- und Radverkehr gibt, suchen wir individuelle Lösungen. E-Scooter dürfen nicht zur Stolperfalle werden. Wir setzen daher auf mehr feste Abstellflächen und No-Parking-Zonen, die bereits an über 40 Standorten eingerichtet wurden. Dieses Konzept wollen wir weiter ausbauen, insbesondere an Unfallschwerpunkten.

Zusätzlich erhöhen wir die Gebühren für falsch geparkte Roller, um Betreiber zu mehr Kontrolle und Sanktionen zu verpflichten. So wollen wir sicherstellen, dass E-Scooter kein Hindernis für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen darstellen.

Vielen Menschen mit Beeinträchtigungen sind inklusive Sportangebote besonders wichtig. Menschen aus den Sozialkontor-Angeboten in Groß Borstel würden daher gerne wissen, was mit der Sporthalle bei den Elbe-Werkstätten im Klotzenmoorstieg passiert, die aktuell wenig genutzt wird. Würde sich da nicht eine Weiterentwicklung in eine inklusive Sporthalle anbieten?

Neue Sporthallen werden grundsätzlich barrierefrei geplant, und bei Sanierungen achten wir auf Inklusion. Die Halle Klotzenmoorstieg wird voraussichtlich 2026/2027 modernisiert. Dabei werden die Bedarfe der Nutzenden aufgenommen, auch mit Blick auf den Inklusionssport.

Neben Inklusion ist auch der Fachkräftemangel ein Thema, das viele Menschen mit Beeinträchtigungen betrifft. Wie wollenSie dem Fachkräftemangel in der Pflege und unter den Erzieher*innen begegnen?

Pflege- und Erziehungsberufe sind essenziell für unsere Stadt. Um mehr Fachkräfte zu gewinnen und zu halten, setzen wir auf drei zentrale Maßnahmen: bessere Arbeitsbedingungen, schnellere Anerkennung ausländischer Abschlüsse und attraktive Ausbildungswege.

In der Pflege investieren wir in neue Studiengänge, stärken die Schulsozialarbeit an Pflegeschulen und vereinfachen die Anerkennungsverfahren für Fachkräfte aus dem Ausland. Der Rückkauf von „Pflegen & Wohnen“ gibt der Stadt zudem die Möglichkeit, als Arbeitgeberin gute Standards zu setzen.

Bei den Erzieher*innen stehen wir im Bundesvergleich gut da, dürfen aber nicht nachlassen. Wir fördern Quereinstiege, finanzieren Ausbildungsentgelte und setzen verstärkt auf multiprofessionelle Teams, um die Qualität der frühkindlichen Bildung zu sichern und den Beruf attraktiver zu machen.

Interview: Britt Viemann (Mietersprecherin von Wohnen mit Assistenz Klotzenmoor), Ulfert Kniffka (Wohnbeirat Haus Beerboom) und Kati Imbeck (Redaktion Sozialkontor-Magazin)